intralogistikprojekte implementieren, Herausforderungen meistern - Fortna

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    Intralogistik-Projekte erfolgreich implementieren – die fünf größten Herausforderungen

    von Christian Berndt

    Auf dem Weg zur erfolgreichen Realisierung von Intralogistik-Projekten gilt es für die Verantwortlichen, zahlreiche Hürden zu überwinden. Sich verändernde Rahmenbedingungen und unzuverlässige Prognosen sind Risiken für den Erfolg.

    Insbesondere die globalen disruptiven Ereignisse der letzten Jahre haben gezeigt, dass völlig neue Anforderungen an Intralogistik-Projekte hinsichtlich Geschwindigkeit der Zielerreichung und Anforderungen an die zu erreichende Leistung gestellt werden müssen, um verlangsamte Prozesse, geringeren Durchsatz und im schlimmsten Fall sogar Stillstände zu vermeiden.

    Christian Berndt, Associate Director bei Fortna | Pierau, hat die fünf größten Herausforderungen bei der Einführung von Intralogistik-Projekten herausgearbeitet und zeigt Lösungsansätze auf, wie man ihnen erfolgreich begegnen kann.

    Risiko 1: IT. Kompatibilität der vorhandenen mit neu implementierten Systemen.

    Bei der Einführung neuer Anlagen oder Systeme müssen Unternehmen mit notwendigen Änderungen in der Software und System-Upgrades für ihre vollständige Anbindung in die Gesamtlogistik sorgen. Die Gerätesteuerung und die Übergabe von Informationen von einer IT-Einheit zur nächsten bergen stets ein Risiko für Fehler. Der damit verbundene Aufwand wird oft unterschätzt.

    Lösungsansätze:

    Generell ist zwischen Best-of-Breed und Best-of-Suite zu unterscheiden: Jedes Unternehmen muss abwägen, was individuell besser geeignet ist. Für Unternehmen mit sauber implementiertem, neuerem Fulfillment wird es in der Regel einfacher sein, Anlagen hinzuzufügen und Software zu aktualisieren als für Versender mit über die Jahre gewachsener, heterogener Architektur und zum Teil sich überschneidend arbeitenden Software-Einheiten. Die in puncto Zeit, Kosten und Support aufwändigeren Best-of-Breed-Lösungen zeichnen sich durch modulare und Echtzeit-basierte Anwendungen unterschiedlicher Hersteller aus. Sie sind präzise auf die jeweils individuellen internen Prozesse zugeschnitten, flexibel über Schnittstellen miteinander verbunden und können so die für den Kunden optimale Softwarelösung erzielen. Der nicht modulare Best-of-Suite-Ansatz deckt unterschiedliche Prozesse durch einen einzigen technologischen Anbieter ab. Er ermöglicht es, auf eine gesamtheitliche Lagersteuerung zurückzugreifen, die das Controlling und Feintuning unterschiedlichster Systeme und Schnittstellen aus einer Hand erlaubt. Die Vorteile: geringes Ausfallrisiko, einfachere Implementierung durch weniger komplexe Schnittstellen, wenig Aufwand an Schulungen und/oder Einarbeitungszeit der Mitarbeiter.

    Risiko 2: Mitarbeiter werden nicht ausreichend eingebunden.

    Im Zuge einer erfolgreichen Projekteinführung werden in der Regel neue Arbeitsabläufe integriert, die schnellstmöglich als Standard etabliert werden müssen. Je komplexer die neuen Prozesse sind, desto größer ist die Gefahr, dass dies nicht gelingt.

    Lösungsansätze:

    • Information

    Wenn alle Mitarbeiter, vom Lager bis zur Führungsriege, an einem Strang ziehen, kann dies entscheidend dazu beitragen, Prozesse schlank zu halten, die Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden und so das Potenzial für Fehler oder sogar Ausfälle zu reduzieren. Das A und O für Effizienz sind umfassende Information, größtmögliche Transparenz in den Abläufen, klare Strukturen und übergreifende Kommunikation.

    • Training / Einweisung

    Damit neue Prozesse schnellstmöglich als Standard akzeptiert werden, müssen die Mitarbeiter professionell geschult werden. Testaufbauten bieten eine gute Möglichkeit, sich mit neuen Anlagen oder Prozessen vertraut zu machen und den optimalen Umgang mit ihnen zu lernen. Wissen vermittelt Orientierung, schafft Sicherheit und hilft, Widerstände abzubauen. Es bestärkt Mitarbeiter darin, sich als Teil des Gesamtsystems zu begreifen und reduziert die Angst vor dem automatisierten System als „Vernichter von Arbeitsplätzen”.

    • Ergonomie am Arbeitsplatz

    Durchdachte Beleuchtung, angepasste Tischbreiten und -tiefen und Arbeitshöhen für optimale Bewegungsabläufe, Matten für den rückenschonenden festen Stand, effektiver Lärmschutz – mit diversen Hilfsmitteln können Arbeitsplätze individuell an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden. Investitionen in derartige Maßnahmen beugen nicht nur Unfällen und arbeitsbedingten gesundheitlichen Belastungen vor, sondern stärken die Motivation der Mitarbeiter.

    Risiko 3: Optimales Logistikkonzept in der Theorie vs. Lösung im Bestandsgebäude.

    Hohe Grundstückspreise, Flächenknappheit und Schwierigkeiten, überhaupt Baugenehmigungen zu erhalten, haben zur Folge, dass Intralogistiklösungen zunehmend in Bestandsimmobilien implementiert werden müssen. Hier steht die Realität oft der theoretischen Ideallösung entgegen, weil bestimmte Grundvoraussetzungen nicht erfüllbar sind; z. B. Gebäudehöhe, zulässige Flächenbelastungen, Raum für potenzielle Erweiterungen etc.

    Lösungsansätze:

    Eine vorausschauende Planung ist umso essenzieller für die langfristige Leistungsfähigkeit der Logistik, wenn sie, konträr zum Lehrbuch-Ansatz, auf das Logistikgebäude zugeschnitten werden muss. Auf Basis genauer IST-Analysen und Umsatzprognosen können so auch zukünftige Erweiterungen bereits im Konzept berücksichtigt und die wirtschaftlichsten Lösungen für die vorhandenen Begebenheiten erarbeitet werden – z. B. Leichtbau-Komponenten, die Statikprobleme aushebeln oder skalierbare Fahrerlose Transport Systeme, die bei geringer Fläche oder Deckenhöhe flexibel eingesetzt werden können.

    Risiko 4: Leistung vs. Bedarf, Machbarkeit vs. Kosten.

    Hohes Abwicklungstempo, niedrige Fehlerquote, geringe Kosten – das sind die wichtigsten Anforderungen vieler Unternehmen an die eigene Logistik. Nicht immer aber ist ein hoher Automatisierungsgrad die Universallösung, denn: Die meisten Systeme sind verbunden mit hohen Investitions- und Energiekosten sowie geringerer Flexibilität, zumindest in Bezug auf feste Installationen: Einmal implementierte Technik gibt langfristig vor, ob zum Beispiel Tüten oder Kartons als Umverpackungen eingesetzt werden, und das bestimmt auch, welche Artikel dort gelagert werden. Nachträgliche Veränderungen können erhebliche Kosten nach sich ziehen.

    Lösungsansätze:

    Erneut ist hervorzuheben, wie wichtig vorhergehende Analyse und Planung sind. Diese beginnt nicht mit den Logistikzahlen, sondern basiert auf den Zielen des Unternehmens und den sich daraus ergebenden Anforderungen an Supply Chain und Fulfillment. In der Regel sind Investitionen in mehr Leistung auch mit höheren Kosten verbunden. Eine hochmoderne State-of-the-Art-Lösung ist nur sinnvoll, wenn die zur Verfügung gestellte Leistung tatsächlich benötigt wird – und wenn ihre Integration in die Bestandslogistik wirtschaftlich und de facto realisierbar ist. Die Auswahl des Systems muss lieferantenunabhängig auf allen Faktoren basieren und kann auch ein vermeintlich einfaches Hochregallager als optimalen Ansatz vorgeben. Für viele Abwicklungen ist auch die Automatisierung von Teilprozessen die wirtschaftlichste Alternative – mit Option auf Erhöhung des Automatisierungsgrades. In welchem Maße, hängt sicher auch immer von der Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter ab – eine Herausforderung, die es am Standort der Zukunft zu meistern gilt.

    Risiko 5: Nachhaltigkeit.

    Nachhaltigkeit hatte in der Logistik lange keinen hohen Stellenwert, wird aber immer wichtiger. Die Erfüllung dieser Anforderung darf jedoch nicht auf Kosten von Projektlaufzeit, Effizienz oder Wirtschaftlichkeit der Lösung gehen.

    Lösungsansätze:

    Recycelte Kunststoffe für Transportboxen, Wärmedämmung, volumenreduzierte Umverpackungen, moderne Heiz- und Kühltechnik, durch Solarpanels auf den Gebäudedächern generierte Energien (Elektro- und/oder Wärmeenergie), rekuperative Energien aus der Logistiktechnik, die in das betriebliche Versorgungsnetz eingespeist werden, oder LED-Beleuchtung – in der Abwicklung von Intralogistik-Projekten führen oft schon kleine Stellschrauben dazu, die Effizienz zu erhöhen sowie Zeit, Energie und Kosten zu sparen. Die notwendigen Investitionen amortisieren sich schnell, oft lassen sich sogar Fördergelder beantragen.

     

    Zusammenfassung

    Effizient, krisensicher, flexibel und widerstandsfähig – das sind Eigenschaften, die das Ergebnis eines erfolgreichen Logistikprojekts heutzutage kennzeichnen. Der Weg dorthin führt über Vertrauen auf die eigene Erfahrung, detaillierte Kenntnisse verfügbarer Lösungen inklusive ihrer Planungsparameter und eine allumfassende Sichtweise auf die Entwicklung von Unternehmen und Branche. Die fünf größten Herausforderungen bei der Planung von Logistikprojekten müssen keine Hürden darstellen – mit den richtigen Lösungsansätzen können sie sogar Trittsteine auf dem Weg zum Erfolg sein.

    Über den Autor

    Christian Berndt

    Associate Director

    Christian Berndt ist Associate Director bei Fortna | Pierau und seit 1999 im Unternehmen. In den über 20 Jahren seiner beruflichen Laufbahn hat er sich  in einer Vielzahl unterschiedlicher Projekte und Aufgabenstellungen eine tiefgreifende Expertise erarbeitet. Von umfassenden Konzeptentwicklungen über Retrofit und Logistikneubauten bis hin zu Gesamtkoordination Logistik / Bau / IT – namhafte national und international agierende Kunden vertrauen auf seine Erfahrung.

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